Multistakeholder-Management: Akteurinnen und Akteure an einen Tisch bringen

Fokus: Kommunale Wärmeplanung, Stakeholder-Management

Die kommunale Wärmeplanung erfordert einen klaren Blick auf die beteiligten Akteurinnen und Akteure. In Projekten mit großer gesellschaftlicher Reichweite bietet sich ein Multistakeholder-Management-Ansatz an, bei welchem nicht die durchführende Instanz im Mittelpunkt des Kommunikationsprozesses steht, sondern das gemeinsame Anliegen aller Stakeholder. Ziel ist es dabei, unabhängig von Einfluss und Durchsetzungsmacht kooperativ eine Kompromisslösung zu erarbeiten. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie diesen Ansatz in Ihrer kommunalen Wärmeplanung berücksichtigen können.

Stakeholder-Management — Worum geht es?

Projekte finden nicht im luftleeren Raum statt. Sie sind immer von verschiedenen Interessen der betroffenen Stakeholder geprägt. Unter Stakeholdern werden Personen oder Personengruppen verstanden, die gegenüber einem Projekt Ansprüche (engl. stake) oder Interessen haben, wie beispielsweise Akteurinnen und Akteure aus Politik und Verwaltung, Energieversorgungsunternehmen, Bürgerinnen und Bürger oder die Medien. Diese Akteure sollten an einem Strang ziehen und ihre Interessen sollten ausreichend Beachtung finden. Nur so kann ein möglichst reibungsloser Projektablauf erreicht werden.

Dementsprechend ist das Hauptanliegen des Stakeholder-Managements das Herstellen eines nachhaltigen Gleichgewichts zwischen den Interessen des Projekts und denen der Stakeholder. Der aktiven Pflege der Stakeholder-Beziehungen sollte daher in Form eines umfassenden Stakeholder-Managements von Projektbeginn an viel Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Ganzheitliche Lösungsansätze durch effektives Zusammenarbeiten

Beim sogenannten Issue-Focused Multistakeholder-Management werden unterschiedliche Stakeholder zusammengebracht, um komplexe Themen effektiv zu bearbeiten. Der Fokus liegt dabei auf einem spezifischen Thema (engl. issue), das alle Beteiligten betrifft, und auf der gezielten Integration und Koordination der Interessen aller relevanten Akteurinnen und Akteure. Der Multistakeholder-Ansatz ermöglicht es, Synergien bereits in der Planungsphase zu erkennen. Die Zusammenarbeit schafft langfristige Beziehungen und fördert ein besseres Verständnis zwischen verschiedenen Interessensgruppen. Die gemeinsam erarbeiteten Lösungen erweisen sich als tragfähiger und verfügen über eine größere gesellschaftliche Akzeptanz.

Ein Beispiel aus der Praxis:

Stellen Sie sich eine mittelgroße Stadt vor, die eine neue Fernwärmeleitung verlegen will. Parallel plant die Kommune, Glasfaserkabel und Wasserleitungen zu erneuern. Durch eine koordinierte Planung mit den relevanten Akteurinnen und Akteuren im Rahmen von regelmäßigen Netzwerktreffen – Stadtwerke, Internetanbieter und Wasserbetriebe – kann ein erheblicher Kosten- und Zeitaufwand eingespart werden. Anstatt die Straße mehrfach aufzureißen, werden die Arbeiten gebündelt durchgeführt.

Durch gemeinsame Projekte entstehen also finanzielle Vorteile, sowie in der späteren Umsetzung weniger Verkehrseinschränkungen und schnellere Ergebnisse – ein Gewinn für die Beteiligten und die lokale Bevölkerung.

Akteursanalyse und -identifikation: Wer ist Teil der Projektgruppe?

Um diese Chancen nutzen zu können, ist eine sorgfältige Akteursanalyse entscheidend. Dabei werden alle relevanten Beteiligten identifiziert und hinsichtlich ihrer Interessen, Einflussmöglichkeiten und Erwartungen bewertet. Stadtwerke und Netzbetreiber priorisieren etwa technische und wirtschaftliche Effizienz, während Umweltorganisationen auf ökologische Nachhaltigkeit bestehen. Eine transparente Darstellung dieser unterschiedlichen Perspektiven hilft, Konflikte frühzeitig zu erkennen und Kompromisse zu entwickeln.

Für eine erfolgreiche kommunale Wärmeplanung müssen verschiedene Akteursgruppen eingebunden werden. Die interne Steuerungsgruppe sollte sich klarmachen wer informiert werden muss, wer konsultiert werden muss und mit wem eine Kooperation im Rahmen der Projektgruppe sinnvoll sein kann. Technische Expertinnen und Experten, wie Netzbetreiber, Energieversorgungsunternehmen und Ingenieurbüros, bringen ihre Fachkenntnisse ein, während politische Entscheidungstragende rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen schaffen. Ebenso wichtig ist die Beteiligung der Zivilgesellschaft: Bürgerinitiativen und Umweltverbände garantieren, dass soziale und ökologische Aspekte angemessen berücksichtigt werden. Energieagenturen liefern Unterstützung durch Beratungsangebote und Daten (beispielsweise der Wärmeatlas Hessen), während Unternehmen, Gewerbetreibende sowie Handwerksbetriebe für die (wirtschaftliche) Umsetzbarkeit zentral sind.

Prozess der Zusammenarbeit: Vom Projektstart bis zur Umsetzung

Neben der Zusammenarbeit der internen Steuerungsgruppe muss auch die Zusammenarbeit der Projektgruppe klar strukturiert sein. Für den Multistakeholder-Ansatz können folgende Schritte sinnvoll sein:

  1. Kick-off-Workshop: Die Akteurinnen und Akteure der Projektgruppe kommen zusammen, um sich kennenzulernen, Erwartungen an die kommunale Wärmeplanung transparent zu machen sowie gemeinsame Ziele zu definieren.
  2. Regelmäßige Netzwerktreffen: Durch regelmäßige Informationstermine und Dialogformate findet ein stetiger Dialog in der Projektgruppe statt. In kontinuierlichen Fachgruppen können spezielle Aspekte der kommunalen Wärmeplanung wie Industrie und Abwärme oder auch Öffentlichkeitskommunikation beleuchtet werden.
  3. Transparente Kommunikation: Die offene Berichterstattung über Fortschritte und Herausforderungen fördert Vertrauen und Akzeptanz.

Ein Beispiel aus der Praxis:

In einer kleinen Kommune wurde ein Fachbeirat Wärme eingerichtet, an dem sich regelmäßig Vertreterinnen und Vertreter von Verwaltung, Politik, Wohnungsgesellschaften, Netzbetreibern und Umweltverbänden austauschen. Im Fachbeirat Wärme konnten technische, wirtschaftliche, politische und ökologische Interessen besser miteinander abgestimmt werden. Die Expertise der lokalen Akteurinnen und Akteure erweist sich als sehr wertvoll, so konnte beispielsweise ein noch nicht im Wärmeplan berücksichtigtes geplantes Rechenzentrum ausgemacht werden oder aber auch ein relevanter lokaler Akteur, der bisher noch nicht in der Akteursanalyse berücksichtigt wurde. Als beratendes Gremium tritt der Fachbeirat Wärme mit dem umsetzenden Projektkernteam in den Austausch. Die Empfehlungen bereichern die Vorplanung und werden, wo möglich, im Prozess berücksichtigt.

Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure funktioniert nur, wenn bestimmte Erfolgsfaktoren beachtet werden. Proaktive Kommunikation von Anfang an, klare Zuständigkeiten und eine transparente Aufgabenverteilung schaffen Planungssicherheit. Unterschiedliche Interessen erfordern zudem Kompromissbereitschaft und den Willen zur langfristigen Partnerschaft. Je besser die Akteurinnen und Akteure vernetzt sind, desto eher erfährt der kommunale Wärmeplan eine höhere Akzeptanz.

Mit einem klar strukturierten Multistakeholder-Ansatz koordinieren Sie die kommunale Wärmeplanung. Im Gegensatz zum „klassischem” Stakeholder-Management ermöglicht dieser partizipative Ansatz eine umfassende Berücksichtigung aller Interessen. Kommunen als Trägerin der Planung spielen dabei die zentrale Rolle als Koordinatorinnen und Moderatorinnen. Sie bündeln die verschiedenen Interessen und schaffen Plattformen für einen konstruktiven Dialog.

So wird die kommunale Wärmeplanung nicht nur zu einem technischen Projekt, sondern zu einem gesellschaftlichen Prozess, der von allen getragen wird.

Mit der kommunalen Wärmeplanung schaffen Sie eine Grundlage für eine erfolgreiche Wärmewende – sozial gerecht, wirtschaftlich tragfähig und ökologisch nachhaltig.

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